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Offensive Tanz

ELISABETH LEOPOLD FÜR DIE OFFENSIVE TANZ FÜR JUNGES PUBLIKUM

Kleine große Sprünge

Probenmitschnitt und Interview

Im Rahmen der Offensive Tanz für junges Publikum hätte am 23. April das Stück "Kleine große Sprünge" Premiere gefeiert. Diese muss leider, aufgrund der Covid-19 Pandemie, bis auf Weiteres verschoben werden. Wir freuen uns aber schon jetzt einen spannenden Einblick in die Stückentwicklung geben zu können.

Ausgehend davon, wie wir Menschen körperliche aber auch mentale Hindernisse überwinden, entwickelt Jasmin İhraç im Stück eine Geschichte, in der die Performer*innen gemeinsam Hindernisse in phantasievollen Umwelten, wie der Unterwasserwelt oder Wüste, überwinden. Symbolisch weiten sich diese Umwelten aus, werden zur Umwelt als solche, deren Bedrohung für uns alle das große Hindernis unserer Zeit darstellt. Mehr verraten wir euch im Interview mit der Choreographin.

Jasmin, in „Kleine Große Sprünge“ geht es um die Suche nach dem letzten Baum der Welt? Für was steht diese Suche?

Das will ich ganz gerne offenlassen. Der Ausgangspunkt des Stückes ist die Frage danach, auf welche Weise wir mit Hindernissen umgehen. Jede*r hat andere Strategien; gleichzeitig ist jeder*r mit anderen Problemen oder Herausforderungen konfrontiert. Immer mehr habe ich bemerkt, dass es gut ist, eine Geschichte zu haben, eine Rahmung für das, was passiert. Was sind das für Hindernisse und in welchem Kontext stehen sie? Daraus wurde nun am Ende fast eine Art Märchen.Vier Personen reisen durch verschiedene Umwelten, etwa die Wüste, oder das Universum und dort begegnen ihnen unterschiedliche Hindernisse und Herausforderungen. Weitere Fragen waren, warum sie Hindernisse überwinden und auf welcher Suche sie sind? Nach sich selbst? Wollen sie wieder nach Hause kommen? An dieser Stelle kommt die Suche nach dem letzten Baum ins Spiel und es stellt sich die Frage nach einer gemeinsamen Herausforderung, die wir überwinden müssen. Er steht in diesem Zusammenhang für unseren Umgang mit der Umwelt. Das ist die Herausforderung, die wir gemeinsam angehen müssen, wofür wir kämpfen müssen. Die Autorin Sibylle Schmidt hat diese Suche als Geschichte gerahmt und vertextet. Damit arbeiten wir im Stück.

Wie wird diese Suche choreografisch umgesetzt und was begegnet den vier Tänzer*innen und dem Musiker auf dieser Reise?

Die verschiedenen Umwelten gaben uns die Möglichkeit an unterschiedlichen Bewegungsqualitäten zu arbeiten. Man bewegt sich anders in der Wüste, im Universum, unter Wasser. Und natürlich sind die Herausforderungen in jeder Welt andere. Wir haben deshalb viel mit Improvisation gearbeitet. Wie bewegt man sich, wenn man sich in großer Hitze aufhält? Oder wenn man schweben könnte? Wie reagiert man auf bestimmte Hindernisse oder Gegebenheiten. Auf der Bühne gibt es viele quadratische Holzkisten. Das sind die von Giulia Paolucci entworfenen Elemente mit denen wir das gesamte Stück über arbeiten. So verändert sich ständig die Bühne, wird von den Performer*innen selbst umgebaut. Der Musiker, Ketan Bhatti, ist live mit dem Schlagzeug auf der Bühne, setzt aber auch Vorproduziertes, Atmosphärisches, oder Textmaterial ein und hilft damit die Szenen aufzubauen.

Im Sprung liegt etwas sehr Mutiges und Ungewisses. Man wagt einen Sprung, weiß nicht genau wo man landen wird. Wie bist du dazu gekommen, dich mit dem Springen zu beschäftigen, kommt es auch als Bewegungsmaterial vor?

Der Sprung, die Sprünge sind nicht unbedingt explizit als Bewegungsmaterial im Stück, spielen aber metaphorisch eine wichtige Rolle. In der Recherche dachte ich noch daran den Parkour viel stärker einzubringen. Ich habe das 2018 in Istanbul gemacht und es ist etwas, das mich als Bewegungspraxis sehr fasziniert. Es bringt einen dazu die Stadt, seine Umwelt also ganz anders wahrzunehmen. Was ich am Parkour auch spannend finde ist, sich selbst immer ehrlich einzuschätzen. Traue ich mich das, kann ich das? Also das Spiel mit den eigenen Grenzen und die Entwicklung eines Gefühls dafür, wann es Sinn macht, Angst zu überwinden und wann es Sinn macht, sich selbst zu sagen: Nein, das mache ich lieber nicht. Weil es vielleicht noch nicht an der Zeit ist, oder weil ich es auch gar nicht zwingend machen muss.

Denn die grundlegende Frage ist ja, ob ich jedes Hindernis wirklich überwinden muss. Muss ich diesen Sprung machen, damit ich mich besser fühle? Und muss es der ganz große Sprung sein? Oder reichen eben auch kleine Sprünge, die uns step by step den Weg zeigen?

Deswegen auch ‚Kleine große Sprünge‘. Ich springe gerne, weil es etwas sehr Befreiendes hat.

Das Stück ist für Kinder ab 6 Jahren. Wie übersetzt ihr das ins Bewegungsmaterial, wie spielt das für euch eine Rolle?

Am meisten stellt sich die Frage, wie sehr ‚geschauspielert‘ werden muss. Wie sehr bestimmte Reaktionen überzeichnet werden müssen. Wenn wir durch die verschiedenen Umwelten gehen und es kommt beispielsweise ein Sandsturm, dann ist das etwas sehr Phantastisches. Im zeitgenössischen Tanz sind wir es nicht gewöhnt, etwas, das einem selbst widerfährt, mimisch darzustellen, sondern eher abstrakt. Hier wollen wir eine Balance schaffen. Die große Herausforderung für ein so junges Publikum zu choreografieren ist es, an deren Lebensrealität anzuknüpfen, ohne vorher festzulegen wie das, was passiert, verstanden werden soll. Ich denke es ist gut, etwas zu entwerfen, das auf Augenhöhe spricht. Aber natürlich habe ich andere Probleme in meinem Alltag, als eine Person, die sechs Jahre alt ist. Deswegen waren die Interviews sehr wichtig, die ich geführt habe. Ich habe Kinder nach ihren Hindernissen und Herausforderungen gefragt und auch nach den verschiedenen Umwelten und danach, was dort Probleme sein könnten.

An sich hatte ich gar nicht geplant, ein Stück über die ökologische Umwelt zu machen. Sondern darüber, wie wir auf verschiedene Weisen Hindernisse überwinden- Durch die unterschiedlichen phantastischen Orte hat sich das einfach organisch so entwickelt. Vielleicht auch weil es spannender ist zu sehen, was das Gemeinsame ist, als das was uns trennt.

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